ADHS und Borderline: Zwei verschiedene Krankheitsbilder mit ähnlichen Facetten
Wenn man sich mit psychischen Erkrankungen beschäftigt, begegnet man schnell zwei Begriffen, die häufig miteinander verwechselt werden: ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) und BPS (Borderline-Persönlichkeitsstörung). Beide Diagnosen sind in den letzten Jahren stärker ins öffentliche Bewusstsein gerückt und beide können mit Symptomen einhergehen, die auf den ersten Blick ähnlich wirken. Doch hinter den Überschneidungen stehen sehr unterschiedliche Ursachen, Dynamiken und Behandlungsansätze.
Was ist ADHS?
ADHS ist eine neurobiologische Entwicklungsstörung, die meist schon in der Kindheit beginnt. Sie ist durch folgende Kernsymptome gekennzeichnet:
Unaufmerksamkeit (z. B. Schwierigkeiten, sich länger auf Aufgaben zu konzentrieren, leichte Ablenkbarkeit)
Hyperaktivität (innere oder äußere Unruhe, starkes Bewegungsbedürfnis)
Impulsivität (schnelles Handeln ohne Nachdenken, Schwierigkeiten mit Selbstkontrolle)
ADHS entsteht durch eine veränderte Regulation von Neurotransmittern im Gehirn, insbesondere Dopamin und Noradrenalin. Sie ist keine Persönlichkeitsstörung, sondern eine Störung der Reizverarbeitung und Selbstregulation.
Was ist eine Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS)?
Die Borderline-Persönlichkeitsstörung gehört zu den Persönlichkeitsstörungen und ist oft das Resultat eines komplexen Zusammenspiels aus genetischer Veranlagung, traumatischen Erfahrungen und psychosozialen Faktoren. Typische Merkmale sind:
Starke emotionale Instabilität (extreme Stimmungsschwankungen, intensive Gefühle)
Instabile Beziehungen (Schwarz-Weiß-Denken, Angst vor Verlassenwerden, Idealisierung und Abwertung von Menschen)
Identitätsprobleme (unsicheres Selbstbild, Gefühl innerer Leere)
Selbstschädigendes Verhalten (z. B. Selbstverletzung, riskantes Verhalten)
Im Gegensatz zu ADHS betrifft BPS vor allem das Erleben von Beziehungen und Emotionen sowie die Stabilität des Selbstbildes.
Wo liegen die Überschneidungen?
Es gibt Symptome, die bei beiden Störungen auftreten können:
Impulsivität: Sowohl ADHS- als auch BPS-Betroffene handeln manchmal spontan und ohne Rücksicht auf Konsequenzen.
Emotionale Intensität: Menschen mit ADHS erleben Gefühle oft stark; bei BPS sind diese Schwankungen jedoch meist noch extremer und schwerer steuerbar.
Probleme im Alltag und in Beziehungen: Sowohl Konzentrationsprobleme als auch emotionale Instabilität können Konflikte begünstigen.
Diese Überschneidungen führen häufig zu Fehldiagnosen oder dazu, dass eine der beiden Störungen unerkannt bleibt.
Die entscheidenden Unterschiede
Ursprung
ADHS: neurobiologische Störung der Reiz- und Informationsverarbeitung.
BPS: Persönlichkeitsstörung, oft mit traumatischen Erfahrungen verbunden.
Beginn
ADHS: Symptome zeigen sich bereits in der Kindheit.
BPS: Symptome treten meist in der Jugend oder im frühen Erwachsenenalter auf.
Symptomfokus
ADHS: Konzentration, Aufmerksamkeit, Impulssteuerung.
BPS: Emotionale Instabilität, Identität, zwischenmenschliche Beziehungen.
Behandlung
ADHS: Kombination aus Medikamenten (z. B. Stimulanzien), Verhaltenstherapie und Coaching.
BPS: vor allem Psychotherapie (z. B. Dialektisch-Behaviorale Therapie, Schematherapie).
Fazit
Auch wenn ADHS und BPS sich in manchen Punkten ähneln, handelt es sich um zwei grundverschiedene Störungsbilder. Ein genauer diagnostischer Blick ist entscheidend, um die passende Unterstützung und Therapie zu finden. Für Betroffene bedeutet das: Es lohnt sich, die eigene Symptomatik differenziert zu betrachten und sich nicht von oberflächlichen Ähnlichkeiten in die Irre führen zu lassen.