Winterblues oder Winterdepression? Unterschiede, Ursachen und Wege aus dem Stimmungstief
Wenn die Tage kürzer werden und das Sonnenlicht rar ist, fühlen sich viele Menschen antriebslos, müde und niedergeschlagen. Doch wann handelt es sich um den sogenannten Winterblues und wann um eine behandlungsbedürftige saisonale Depression (Seasonal Affective Disorder, SAD)?
1. Was ist der Winterblues?
Der Winterblues ist ein vorübergehendes Stimmungstief, das typischerweise in den dunklen Monaten auftritt.
Typische Anzeichen sind:
leichte gedrückte Stimmung
weniger Energie, erhöhtes Schlafbedürfnis
gesteigerter Appetit (v. a. auf Süßes oder Kohlenhydrate)
weniger Motivation für soziale Aktivitäten
Wichtig: Diese Symptome sind meist mild und verschwinden, sobald die Tage wieder heller werden.
2. Was ist die Seasonal Affective Disorder (SAD)?
Die Saisonale Affektive Störung (SAD) oder Winterdepression ist eine klinisch relevante Form der Depression, die regelmäßig im Herbst/Winter auftritt und im Frühjahr abklingt.
Sie unterscheidet sich vom Winterblues durch:
deutlich stärkere depressive Symptome (Traurigkeit, Interessenverlust, Hoffnungslosigkeit)
Beeinträchtigung des Alltags (Beruf, Beziehungen, Selbstfürsorge)
mitunter körperliche Symptome wie Antriebslosigkeit, Konzentrationsstörungen, sozialer Rückzug
In der ICD-10/11 wird die SAD als rezidivierende depressive Störung mit saisonalem Muster klassifiziert.
3. Ursachen und Erklärungsmodelle
Die genauen Ursachen sind noch nicht vollständig verstanden, aber es gibt mehrere plausible Erklärungsansätze:
Lichtmangel: Zu wenig Sonnenlicht führt zu einer veränderten Ausschüttung von Melatonin (Schlafhormon) und Serotonin (Stimmungshormon).
Biologischer Rhythmus: Der circadiane Rhythmus gerät aus dem Gleichgewicht. Das beeinflusst Schlaf, Energie und Stimmung.
Genetische und individuelle Faktoren: Eine familiäre Vorbelastung oder eine erhöhte Lichtempfindlichkeit können das Risiko erhöhen.
Psychologische Faktoren: Winterliche Inaktivität, Rückzug und Grübeln können depressive Prozesse verstärken.
4. Was hilft beim Winterblues?
Für den leichten Winterblues gibt es viele bewährte Selbsthilfestrategien:
- Licht tanken: So oft wie möglich Tageslicht nutzen, z. B. Spaziergänge am Vormittag sind ideal.
- Bewegung: Regelmäßige körperliche Aktivität hebt die Stimmung und stabilisiert den Schlaf-Wach-Rhythmus.
- Achtsamkeit & Entspannung: Meditation, Yoga oder Atemübungen reduzieren Stress und fördern Gelassenheit.
- Soziale Kontakte pflegen: Treffen mit Freund:innen oder Familie wirken antidepressiv.
- Aktiv bleiben: Kleine Alltagsfreuden bewusst einplanen, z. B. Musik, Hobbys, kreative Tätigkeiten.
5. Wann sollte man professionelle Hilfe suchen?
Wenn die Stimmung über Wochen gedrückt bleibt, die Antriebslosigkeit zunimmt oder das Funktionieren im Alltag leidet, ist es wichtig, ärztliche oder psychotherapeutische Unterstützung in Anspruch zu nehmen.
Warnsignale können sein:
tiefe Hoffnungslosigkeit oder Schuldgefühle
starke Reizbarkeit, sozialer Rückzug
Schlaflosigkeit oder extremes Schlafbedürfnis
Gedanken an den Tod oder Suizid
In solchen Fällen kann eine psychotherapeutische Behandlung, ggf. kombiniert mit Lichttherapie oder Medikation, hilfreich sein.
6. Daten & Fakten
Etwa 10–15 % der Bevölkerung erleben im Winter depressive Verstimmungen.
Rund 2–5 % entwickeln eine klinische Winterdepression (SAD).
Frauen sind etwa viermal häufiger betroffen als Männer.
In nördlicheren Breiten (z. B. Skandinavien) tritt die SAD häufiger auf als im Süden Europas.
Der Winterblues ist meist harmlos und vorübergehend, quasi eine natürliche Reaktion auf Lichtmangel und Jahreszeitenwechsel.
Wenn die Niedergeschlagenheit jedoch tiefgreifender wird und den Alltag beeinträchtigt, sollte man nicht zögern, professionelle Hilfe zu suchen.
Denn: Depressionen sind gut behandelbar. Auch, wenn sie saisonal auftreten.