Digitale Gesundheitsanwendungen in der Psychotherapie: Zwischen Innovation und Intuition
In den letzten Jahren hat sich das Gesundheitswesen stark digitalisiert – und auch die Psychotherapie bleibt von dieser Entwicklung nicht unberührt. Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA), oft auch als „Apps auf Rezept“ bezeichnet, eröffnen neue Wege in der psychischen Gesundheitsversorgung.
Was sind Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA)?
Digitale Gesundheitsanwendungen sind medizinische Apps, die offiziell vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geprüft und in das DiGA-Verzeichnis aufgenommen wurden. Sie können von Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen verschrieben werden – und die Krankenkassen übernehmen in der Regel die Kosten.
Diese Anwendungen richten sich an Menschen mit psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder Schlafproblemen und bieten evidenzbasierte Inhalte zur Selbsthilfe. Sie können Therapien ergänzen oder in bestimmten Fällen sogar eine erste Anlaufstelle darstellen.
Offizielle Infos vom BfArM:
DiGA-Verzeichnis – Übersicht aller zugelassenen Anwendungen
Vorteile digitaler Tools in der Psychotherapie
Niedrigschwelliger Zugang: Viele Menschen zögern, sich in psychotherapeutische Behandlung zu begeben – sei es aus Scham, Angst oder aufgrund langer Wartezeiten. Eine App, die man anonym nutzen kann, senkt die Hemmschwelle.
Flexibilität und Selbstwirksamkeit: Nutzer:innen können Inhalte jederzeit abrufen und in ihrem eigenen Tempo bearbeiten. Das stärkt das Gefühl der Selbstkontrolle und fördert aktive Mitarbeit am Heilungsprozess.
Therapiebegleitend oder überbrückend: DiGA können Sitzungen sinnvoll ergänzen, zum Beispiel durch Übungen oder Tagebücher, und helfen, Fortschritte zwischen den Terminen zu sichern. Sie bieten sich auch als Überbrückung bei Wartezeiten an.
Datengestützte Einblicke: Viele Apps bieten Analysefunktionen, die sowohl Patient:innen als auch Therapeut:innen wertvolle Informationen über Stimmungsschwankungen, Schlaf oder Aktivitäten liefern.
Grenzen und Herausforderungen
Trotz aller Vorteile ist klar: Eine App ersetzt (noch) nicht eine face-to-face Therapie. Besonders bei schweren psychischen Erkrankungen ist der persönliche Kontakt unerlässlich. Zudem ist nicht jede:r mit der Nutzung digitaler Tools vertraut – digitale Kompetenzen und Vertrauen in Datenschutz spielen eine große Rolle.
Ein weiterer kritischer Punkt: Nicht jede „Mental Health App“ im App Store ist eine DiGA. Nur geprüfte Anwendungen mit nachgewiesenem medizinischem Nutzen sind offiziell zugelassen. Hier ist Aufklärung gefragt.
Ein Blick in die Praxis
Einige der bekanntesten DiGA im psychotherapeutischen Bereich sind z. B.:
Deprexis – zur Behandlung von Depressionen
Invirto – für die digitale Konfrontationstherapie bei Angststörungen
Selfapy – bietet Programme für Depressionen, Essstörungen und Angst
Velibra – zur Unterstützung bei generalisierten Angststörungen
Digitale Gesundheitsanwendungen sind (noch) kein Ersatz, aber eine wertvolle Ergänzung zur klassischen Psychotherapie. Sie können helfen, Versorgungslücken zu schließen, Patient:innen aktiv einzubinden und psychische Gesundheit digital neu zu denken. Voraussetzung dafür ist ein verantwortungsvoller Einsatz – gemeinsam abgestimmt zwischen Therapeut:in und Patient:in.