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Praxis Nik

Tim Nik – Privatpraxis für Psycho- und Sexualtherapie (nach Heilpraktikergesetz)

Der plötzliche Hype um ADHS: Was steckt dahinter?

In den letzten Jahren scheint das Thema ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung) immer mehr in den öffentlichen Diskurs zu rücken. Medien, Social Media und persönliche Berichte von Betroffenen vermitteln den Eindruck, dass ADHS zu einem „Modethema“ geworden ist. Doch was steckt hinter diesem plötzlichen Hype? Warum scheinen immer mehr Menschen mit der Diagnose ADHS konfrontiert zu werden, und was genau bedeutet ADHS überhaupt?

Was ist ADHS?

ADHS ist eine neurologisch bedingte Entwicklungsstörung, die sich in Aufmerksamkeitsdefiziten, Hyperaktivität und Impulsivität äußert. Sie beginnt meist in der Kindheit und kann auch im Erwachsenenalter fortbestehen. ADHS wird in den gängigen Diagnosemanualen wie dem DSM-5 (Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen) und der ICD-10 (Internationalen Klassifikation der Krankheiten) definiert.

Die drei Hauptsymptomgruppen von ADHS:

  1. Unaufmerksamkeit:

    • Schwierigkeiten, längere Zeit aufmerksam zu bleiben
    • Leicht ablenkbar durch äußere Reize
    • Schwierigkeiten bei der Organisation von Aufgaben
    • Häufiges Verlieren von Gegenständen
  2. Hyperaktivität:

    • Unruhiges Verhalten, z.B. ständiges Herumzappeln
    • Schwierigkeiten, still zu sitzen
    • Übermäßige motorische Aktivität in unpassenden Situationen
  3. Impulsivität:

    • Schwierigkeiten, impulsive Handlungen zu kontrollieren
    • Überhastete Entscheidungen oder Antworten
    • Unterbrechen anderer während Gesprächen

Um die Diagnose ADHS stellen zu können, müssen die Symptome über einen längeren Zeitraum bestehen und das Alltagsleben, die Schule oder den Beruf erheblich beeinträchtigen. Wichtig ist auch, dass die Symptome nicht besser durch eine andere Störung erklärt werden können.

Warum der plötzliche Hype?

Der zunehmende „Hype“ um ADHS könnte auf verschiedene Faktoren zurückzuführen sein:

  1. Bessere Aufklärung und Diagnostik: In den letzten Jahrzehnten hat das Wissen über ADHS und seine unterschiedlichen Ausprägungen zugenommen. Heute wird ADHS als Spektrum verstanden, das nicht nur hyperaktive Kinder betrifft, sondern auch Erwachsene und Menschen ohne offensichtliche Hyperaktivität.

  2. Veränderte gesellschaftliche Anforderungen: Unsere moderne Arbeitswelt verlangt zunehmend Multitasking und eine konstante Erreichbarkeit. Menschen mit ADHS haben oft Schwierigkeiten, diesen Anforderungen gerecht zu werden, was dazu führt, dass mehr Erwachsene Hilfe suchen und eine Diagnose erhalten.

  3. Wachsende Medienaufmerksamkeit: Berichte über Prominente und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die über ihre ADHS-Diagnose sprechen, haben dazu beigetragen, das Thema stärker ins Bewusstsein der breiten Bevölkerung zu rücken. Auf Social Media-Plattformen wie TikTok oder Instagram teilen Betroffene ihre Erfahrungen, was andere dazu motiviert, sich selbst untersuchen zu lassen.

  4. Fehlinterpretationen und Selbstdiagnosen: Der zunehmende Hype birgt jedoch auch Risiken. Häufig kommt es vor, dass Menschen Symptome bei sich oder anderen beobachten und ADHS vermuten, ohne eine fundierte Diagnostik. Diese Selbstdiagnosen sind oft ungenau und können zu Missverständnissen führen.

Wie wird ADHS diagnostiziert?

Die Diagnostik von ADHS ist ein komplexer Prozess, der in der Regel von Fachärzten oder Psychotherapeuten durchgeführt wird. Es gibt verschiedene diagnostische Instrumente und Methoden, um eine fundierte Einschätzung zu ermöglichen.

1. Klinische Interviews:

Ein ausführliches Gespräch mit dem Betroffenen und, wenn möglich, auch mit den Eltern, Lehrern oder Partnern, hilft, die Symptomatik und ihre Auswirkungen im Alltag zu erfassen. Dabei werden typische ADHS-Symptome besprochen sowie mögliche alternative Ursachen ausgeschlossen.

2. Verhaltensbeobachtung:

Im Rahmen von standardisierten Testsituationen oder durch Beobachtungen im Alltag kann das Verhalten des Betroffenen analysiert werden. Es wird geprüft, ob und in welchen Situationen die typischen ADHS-Symptome auftreten.

3. Fragebögen und Selbstberichte:

Sowohl Betroffene als auch ihre Angehörigen füllen häufig standardisierte Fragebögen aus, die speziell für die ADHS-Diagnostik entwickelt wurden. Zu den bekanntesten gehören:

  • Conners-Skalen: Diese Fragebögen erfassen Verhaltensauffälligkeiten in Bezug auf Aufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität.
  • ADHS-Diagnostik-Checklisten: Sie basieren auf den Kriterien des DSM-5 und bieten eine systematische Erfassung der ADHS-Symptome.

4. Neuropsychologische Tests:

Diese Tests messen kognitive Funktionen wie Aufmerksamkeit, Impulskontrolle und Arbeitsgedächtnis. Ein Beispiel ist der Continuous Performance Test (CPT), bei dem die Reaktionsfähigkeit und Aufmerksamkeit unter verschiedenen Bedingungen getestet werden.

5. Körperliche Untersuchungen:

Um organische Ursachen auszuschließen, kann es notwendig sein, neurologische oder andere körperliche Untersuchungen durchzuführen.

Der Hype um ADHS ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits sorgt er dafür, dass Betroffene leichter Zugang zu Informationen und Hilfe finden. Andererseits kann die öffentliche Aufmerksamkeit auch zu Fehlinformationen und überstürzten Selbstdiagnosen führen. Wichtig ist, dass eine fundierte Diagnostik immer durch Fachpersonal durchgeführt wird und dass ADHS in seiner gesamten Komplexität betrachtet wird. Der gestiegene Fokus auf das Thema könnte dazu beitragen, das Stigma zu reduzieren und Betroffenen den Weg zu einer adäquaten Behandlung zu ebnen.

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